Beschluss über Theaterneubau in Schleswig

26. August 2020

Beschluss über Theaterneubau in Schleswig

Liebe Bürgerinnen und Bürger des Kreises Schleswig-Flensburg,
ich wende mich heute direkt an sie, obwohl mir völlig klar ist, dass ich auf diesem
Wege nur sehr wenige von Ihnen erreiche, denn außer der Fernsehübertragung auf
dem offenen Kanal läuft die Berichterstattung im Wesentlichen nur über den Filter der
lokalen Presse.

Dieser Antrag, die Berichterstattung und die Diskussion über ein neues Theater in
Schleswig sind aus mindestens dreierlei Hinsicht für alle Bürgerinnen und Bürger von
Bedeutung:
1. Es geht im Antrag um Kultur.
2. Es geht um die Darstellung der Kreistagsarbeit von Politikern in der Presse.
3. Und es geht um den Umgang mit Geldern des Kreises im Rahmen eines Großprojektes.

Um es gleich vorweg zu sagen: DIE LINKE unterstützt weiterhin ein eigenständiges
Theater in Schleswig. Das haben wir schon in der Kreistagssitzung im März 2010
und auch in der Sitzung vom März 2013 getan.

Aber:
DIE LINKE wird trotzdem dem Antrag des Landrats nicht zustimmen, da dieser schon
heute einen Blankoscheck für eine in weiten Teilen ungeklärte Theaterinvestition
einfordert. Schon heute darüber zu entscheiden, das halten wir für
verantwortungslos.

Wir können gerne in einer anderen Kreistagssitzung auf Grundlage einer anderen
durchdachten Konzeptvorlage der Theater-Investoren entscheiden.

Doch jetzt zu den drei angesprochen Punkten.
Wir haben in den letzten Monaten feststellen müssen, dass Kunst und Kultur im
Kommunalwahlkampf keine große Rolle spielen. Das ist ein Armutszeugnis für eine
so reiche Nation, wie es Deutschland ist.
Unsere Kultur darf nicht untergehen. Auch nicht hier im Kreis.
Mit Blick auf den Tourismus sind Theater und Kultur im Kreis ein nicht zu
unterschätzender Wirtschaftsfaktor. Die kulturellen Veranstaltungen tragen einen
großen Teil dazu bei, Touristen anzulocken.
Theater und Kultur sind darüber hinaus ein wesentlichen Bestandteil für die
Lebensqualität in unserem Kreis. Zur kulturellen Landschaft im Kreis gehört deshalb
eindeutig und unwiderruflich ein eigenständiges Theater in Schleswig; ein Theater,
das Vielfalt repräsentiert und auch die dazu entsprechenden personellen Kapazitäten
hat.

Die Partei DIE LINKE ist
->für die generelle Unterstützung für ein Theater in Schleswig,
->für ein Theater, das über die gesamte Theaterpalette in Schleswig verfügen
kann (von der Oper über Kinder- und Experimentiertheater),
->und dafür, dass die zukünftige Spielstätte multifunktional genutzt werden kann.

Wenn wir über die Finanzierung und Ausgestaltung eines Theaters in Schleswig
reden, ist es eigentlich nicht die Aufgabe des Kreistags, darüber zu debattieren, was
in der Presse steht. Aber der Artikel von gestern im Flensburger Tageblatt darf nicht
so im Raum stehen bleiben.
Die Presse des Kreises hat irgendwie nicht begriffen, worum es inhaltlich geht beim
Antrag zur Finanzierung des Theaters in Schleswig.
Es geht nicht darum, dass der Kreis knauserig ist, wie es die Überschrift im
Flensburger Tageblatt vom 24.09.2013 verkündet: „Theaterneubau: Kreis muss knausern.“

Hierzu ist festzustellen:
Der Kreistag muss gar nichts, er muss nicht knausern. er entscheidet in eigener
Verantwortung und lässt sich von keinem vorschreiben, was er zu tun hat, auch nicht
von der Presse.

Knausern bedeutet „übertrieben sparsam zu sein“. Diese Aussage ist ja nun völlig
daneben. Es geht bei der derzeitigen Diskussion nicht darum, dass der Kreistag nicht
bereit ist, einmalig 100 Euro oder 1000 Euro mehr zu bewilligen oder nicht.
Es geht bei der heutigen Diskussion hier im Kreistag darum, wie der Kreis Schleswig-Flensburg verantwortlich mit Geld umgeht.

Es geht darum, ob der Kreistag sich verpflichtet, im Zweifelsfall 25 Jahre lang jährlich
20.000 Euro schon heute in den zukünftigen Haushalten festzulegen, ohne konkret
zu wissen, was der Kreis Schleswig-Flensburg dafür bekommt:
->Wie das Theater in Schleswig wirklich aussehen wird.
->Wie es genutzt werden kann.
->Wer es nutzen kann und was es kosten wird.

20.000 Euro sollen heute beschlossen werden, die jedes Jahr fehlen werden, wenn
es darum geht, Geld für soziale Einrichtungen, für freiwillige Leistungen des Kreises
zusammen zu kratzen

Das genau ist der Inhalt der Diskussion. Das wäre eine der Konsequenzen, die
schon heute abzusehen sind: 25 Jahre lang wird uns dann vorgehalten werden: Für
dies und das haben wir leider kein Geld.
Das ist der Kernpunkt dieser politischen Auseinandersetzung und den sollte keiner
so einfach mit „knauserig“ abtun.

Das Ganze noch einmal zusammengefasst auf einer anderen Ebene:
Wer sich auf das Recht der Pressefreiheit beruft, das zu schreiben, was er will, der
sollte auch seine Pflichten kennen. Zumindest eine Richtigstellung in der Zeitung
wäre in diesem Punkt sicher angebracht.
Und noch einmal zum Umgang mit Geld im Kreis Schleswig-Flensburg:
Hier geht es um das finanzielle Restrisiko für den Kreis Schleswig-Flensburg und die
Belastung für die Haushalte in den nächsten 25 Jahren.
Bei dieser Diskussion geht es darum, was der Kreis für das Geld, das der Kreistag
bewilligen soll, bekommt, wie realistisch die bisher angedachten Konzepte sind und
ob die Finanzierung gesichert ist.
Und hier müssen wir feststellen, dass überhaupt nichts geklärt ist: Viele, viele Fragen
sind noch offen.

Nehmen wir als Beispiel eine mögliche Kostenexplosion. Im Februar 2013 war im
Rahmen einer ersten Begehung des Geländes Hesterberg von 10 bis 12 Mio. Euro
an Kosten die Rede. Anlässlich eines Treffens beim Landrat am 11. September 2013
wurde bereits von 16 bis 20 Mio. Euro gesprochen.
Was gilt denn nun? Wo bleibt da die finanzielle Planungssicherheit, für den Kreis?
Ein bisschen mehr Sorgfalt wäre bei derart hohen Geldbeträgen schon angebracht.

Wo ist das ausgereifte, schlüssige Konzept für den Theaterneubau?
1. Welchen Einfluss hat der Kreis auf die baulichen Gegebenheiten?
2. Wie lange stehen der Kulturstiftung gesichert, außerordentliche
Beteiligungsrenditen zu und in welcher Höhe?
3. Wie wird die eingeplante Million finanziert, die der Kreis Schleswig-Flensburg
nicht übernimmt?
4. Was ist, wenn das Theater teurer wird?
5. Sind alle anderen Finanzierungszusagen dauerhaft gesichert?
Die Finanzierung eines Theaterneubaus darf nicht auf dem Rücken der
Beschäftigten ausgetragen werden.
Das künstlerische Niveau des Theaters muss erhalten bleiben, sonst ist ein
Theaterneubau von der Sache her eine gigantische Fehlinvestition.
6. Was ist, wenn geäußerte Vorbehalte eintreffen, der Bau aber schon begonnen
wurde?
Treten dann angebliche Sachzwänge ein, weitere Gelder zu bewilligen, da ja
schon Investitionen getätigt wurden und das Geld sonst verloren wäre?
7. Gibt es bei der multifunktionalen Nutzung des geplanten Theaterneubaus
belastbare Einnahmequellen, um die Kosten eines laufenden Betriebes zu
senken?

DIE LINKE möchten ein neues Desaster vermeiden wie es bei der Therme Flensburg
geschehen ist. Da zahlt der Kreis Jahr für Jahr über 200.000 Euro.

Deshalb bitte ich Sie, unseren gemeinsamen Antrag zu unterstützen und heute keine
Gelder zu bewilligen.
Vielen Dank.